Samstag, 19. Februar 2011

Erzbischof Zollitsch meldet sich zu Wort

In der Welt erschien heute unter dem Titel Was braucht die Kirche in Deutschland? ein langer Beitrag von Erzbischof Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.

Insgesamt sehr diplomatisch und wohlwollend gehalten verleiht Bischof Zollitsch dennoch seinem Befremden über einige Argumente Ausdruck:

Bei allem Wohlwollen für die Autorinnen und Autoren: Mag jemand im Ernst glauben, dass die Verwirklichung der hier aufgelisteten Reformforderungen zur erwünschten Blüte von Glauben und Kirche führt? Der Dialog, den wir Bischöfe wünschen, zielt auf eine ernsthafte Verständigung darüber, wie wir die Frage nach Gott unter unseren modernen und postmodernen Bedingungen verstehbar beantworten können. Es geht auch darum, wie wir dem christlichen Glauben in Gebet und Liturgie ebenso wie auf dem Wege der praktischen Gottesbezeugung in Werken der Caritas und der Solidarität überzeugenderen Ausdruck verleihen. Hier ist mehr erforderlich als ein kirchlicher Reparaturbetrieb, der an einigen Stellschrauben dreht, um so eine bessere Kirche hervorzubringen.

Ich will dies am Beispiel der priesterlichen Zölibatsverpflichtung erläutern. Viele gehen davon aus, dass der Kirche sehr viel mehr Priester zur Verfügung stünden, wenn die Verpflichtung zur Ehelosigkeit aufgehoben würde und „viri probati“ (in Ehe und Familie bewährte Männer) zum Priesteramt zugelassen würden. Tatsächlich ist die Sorge über die abnehmende Zahl der Berufungen und die damit einher gehenden Konsequenzen für die Pastoral mehr als berechtigt. Es ist auch meine Sorge, und Denkverbote wären der Situation gewiss nicht angemessen. Dennoch muss vor kurzschlüssigem Denken und vermeintlich einfachen Lösungen gewarnt werden.

Geht die Not der Berufungen nicht viel tiefer – nämlich bis hinunter auf die Ebene der Suche des modernen Menschen nach Gott und einer Glaubensorientierung, die ihn zugleich frei macht und ganz und gar fordert? Fällt nicht auf dieser tieferen Ebene die Entscheidung, das ganze Leben als Priester in den besonderen Dienst Jesu Christi zu stellen und dies auch durch die Übernahme des Zölibats zum Ausdruck zu bringen? Entfalten sich also nicht im Glauben selbst scheidende und unterscheidende Wirkkräfte, die für die Kirche und ihr Amt von wesentlicher Bedeutung sind und die deshalb in jeder Diskussion über die Zölibatsverpflichtung zur Sprache gebracht werden müssen? Wer in dieser Angelegenheit für eine Änderung des Kirchenrechts eintritt, sollte sich jedenfalls gehalten wissen, über den erhofften praktischen Nutzen hinaus auch theologisch zu argumentieren.

Er muss dann auch darüber Auskunft geben, ob und wie auch nach einer Reform das für die kirchliche Identität wesentliche Charisma der Ehelosigkeit – als ein Zeichen der radikalen Nachfolge und Christus-Zugehörigkeit – erhalten und gestärkt werden kann. Ich will die Ergebnisse einer echten Diskussion an dieser Stelle gar nicht vorwegnehmen. Aber wer sie führen will, darf sicherlich nicht bei plakativen Forderungen stehen bleiben, die viel mit Nützlichkeitskalkülen und Pragmatismus und wenig mit theologischer Durchdringung zu tun zu haben scheinen.



Das Schreiben ist auch eine klare Absage sowohl an Endzeitszenarios als auch an Forderungen, Reformen auf "demokratischem" Wege durchzusetzen:

Die katholische Kirche durchlebt stürmische Zeiten. Es ist aber nicht die Zeit letzter Gefechte und existenzentscheidender Auseinandersetzungen. Also: Bitte keine falsche Apokalyptik! Eher ist dies die Zeit der Ernsthaftigkeit und Demut auf allen Seiten. Besserwisser sind weniger gefragt. Herzblut sollte auf jeden Fall fließen – ganz besonders auch auf der Seite von uns Bischöfen, die die „Herde“ zusammenhalten und auf dem Weg des Herrn leiten sollen. Jedes Gespräch findet einmal ein Ende, und oft mündet es in Entscheidungen. In der katholischen Kirche sind sie dem Amt, vor allem den Bischöfen und dem Papst, abverlangt.

Dies ist kein Widerspruch zum Dialog, vielmehr oft sogar die Bedingung dafür, dass dem Gespräch Ergebnisse folgen. Ganz am Ende allerdings gilt, dass nicht Menschen allein – nicht Bischöfe, nicht Theologen und nicht Laien – durch ihre großen und kleinen Aktivitäten Sturm und Winden trotzen. Es ist Jesus Christus selbst, der das Schifflein Kirche auf Kurs hält.



Ob die Initiatoren und Unterzeichner des Memorandums die Botschaft wohl hören?

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