Dienstag, 26. Juni 2012

Neues geistliches Liedgut (NGL) – ist gut gemeint auch gut?


Neues geistliches Liedgut (NGL) – ist gut gemeint  auch gut?

Kürzlich habe ich – zugegebenermaßen recht flapsig – auf Facebook ein kurzes Statement abgegeben:
Heute Firmungsmesse ... mit Neuem Geistlosen Liedgut ... Mann ist mir schlecht!
und habe dafür von einem alten Schulfreund, der als Pastoralreferent tätig ist, folgende Erwiderung erhalten:
Was gefällt Dir dran nicht? Willst du die letzten Jugendlichen auch noch aus der Kirche ekeln?“
Ich will diese Frage gerne beantworten – ganz allgemein – und im Besonderen als Zeichen meiner persönlichen Wertschätzung:
Der Beitrag ist also an alle gerichtet, wenn auch ganz persönlich an Stefan adressiert.

Lieber Stefan,

es ist tatsächlich so, dass ich bei meinem Posting an Dich gedacht hatte und ich ahnte, dass Dir das nicht gefallen würde. Aber ich wollte Dich sicher nicht kränken, wollte aber ebenso aus meinem Herzen keine Mördergrube machen: Es musste raus!

Was mir an NGL nicht gefällt? Ich könnte es mir leicht machen und sagen: An NGL gefällt mir einfach gar nichts, aber das wäre eine Antwort, die nichts aussagt. Ja, es wäre sogar eine Antwort, die der Vermutung Raum gäbe, es ginge mir hier nur um meinen persönlichen Geschmack. Dem aber ist nicht so!

Mit Deiner zweiten Frage stellst Du klar, warum Dir NGL gefällt – ebenfalls unabhängig von Deinem persönlichen Geschmack. Du bist offensichtlich der Überzeugung, dass man mittels NGL Jugendliche in die Kirche bringen, bzw. in der Kirche halten kann. Und Du befürchtest gar, dass man sie ohne NGL verlieren würde. Wenn Du NGL als Musik für Jugendliche ansiehst, dann frage ich mich, von welchen Jugendlichen du sprichst? Von den Jugendlichen, die wie wir beide Mitte 50 sind? Oder von den Jugendlichen, die zehn Jahre jünger oder zehn Jahre älter sind als wir? NGL verkörpert den Zeitgeist von vor 35 Jahren, nicht den heutigen.

Und ebenso lange wird das Experiment „Mit NGL Jugendliche ansprechen“ erprobt und man muss es mittlerweile als gescheitert ansehen. Hat NGL dazu geführt, dass die Zahl der jugendlichen Kirchenbesucher steigt? Nein!  Ist es in den letzten Jahren gelungen, in nennenswerten Zahlen Erwachsene dauerhaft an die Kirche zu binden, weil man sie als Jugendliche mit NGL in die Kirche gezogen hat? Ebenfalls nein! Entspringen dem NGL und der damit verbundenen besonderen Form der Romantik eine Vielzahl von poriesterlichen Berufungen? Wohl kaum! 

Menschen - und junge Menschen im Besonderen - suchen nach Religiosität, weil sie in einer Welt voller Beliebigkeit etwas Verbindliches haben wollen, weil sie Leitlinien für ihr Leben brauchen, weil sie Orientierung benötigen in einer Welt voller Verlockungen, Verführungen und falscher Versprechungen. Das Absingen harmloser Lieder ist da wenig hilfreich. Es kann doch nicht sein, dass wir so tun, als hätten wir für jungen Menschen nicht mehr zu bieten als ein paar neu getextete Musicalsongs, wo wir doch vom Herrn eine unerhört starke Botschaft erhalten haben, die alles enthält, was ein junger Mensch für sein Leben braucht.  
NGL ist denkbar ungeeignet, um Jugendliche wirklich für die Kirche und die Frohe Botschaft zu gewinnen, weil NGL vom Eigentlichen ablenkt. Jugendliche wollen ernst genommen werden, sie wollen etwas über den Sinn des Lebens wissen

Es ist sicher kein Zufall, dass in einem Umfeld religiösen Niedergangs das Kloster Heiligkreuz bei Wien starken Zulauf hat. Dort geht es streng zu und Messen werden in Latein gefeiert. Ja, und die Mönche von Heiligkreuz singen und ihre CDs verkaufen sich in aller Welt! Aber sie singen gregorianische Choräle und nicht NGL.

Um die Tiefen des Glaubens auszuloten sind seichte Lieder schwerlich das Mittel der Wahl.
In aufrichtiger freundschaftlicher Verbundenheit

Helmut

Sonntag, 8. April 2012

Frohe Ostern!

Christus resurrexit - alleluia!


Wir wünschen allen Mitlesenden ein frohes und gesegnetes Osterfest!

(Bild: Wandgemälde in der Chora-Kirche, Istanbul, Türkei)

Dienstag, 3. April 2012

Kalter Kaffee

Die Beichte gilt als die schwierigste Christenpflicht. Oft wird sie rundweg abgelehnt, für sinnlos oder überflüssig erklärt. Immerhin ist es ja so, dass man durch das Sakrament der Versöhnung zwar von allen früheren Sünden, die man eingestanden hat und bereut, losgesprochen wird, was allerdings noch lange nicht heißt, dass man nie wieder sündigen würde. Schließlich ist man Mensch, und Menschen machen Fehler, ständig.
Außerdem sei es doch peinlich, jemandem zu erzählen, was man ausgefressen hat. Das könne man mit dem Herrn doch genauso gut ganz alleine ausmachen, ohne sich vor einem anderen Menschen demütigen zu müssen. Die Beichte sei schlicht und einfach kalter Kaffee!

Kalter Kaffee? Gutes Bild! Denn mit der Beichte, dem Sakrament der Versöhnung verhält es sich genauso wie mit Kaffee. Spätestens wenn man sich eine frische Kanne Kaffee aufbrühen will, wird besagte Kanne geleert, gründlich ausgespült und vorgewärmt, ehe neuer Kaffee eingefüllt wird. Denn sonst würde sich immer wieder frischer heißer Kaffee mit abgestandenem kaltem mischen, wobei der Anteil des letzteren immer größer würde. Am Ende wüsste man gar nicht mehr, wie frischer Kaffee eigentlich schmeckt und hielte mangels Vergleichsmöglichkeit die fade, laue Brühe für den Gipfel des Genusses.

Und was das Gegenüber angeht: Das Beichtgeheimnis gilt - allen juristischen Bemühungen, es zu zerstören, zum Trotz! - absolut. Selbstverständlich ist es eine Frage des Vertrauens - und eine Frage des Mutes, zu seinen Schwierigkeiten und Fehlern zu stehen und gegenüber einem Menschen, der Christi Stelle vertritt, selbige einzuräumen. Es mag leichter erscheinen, das mit sich selbst und einem Jesusbildchen auszumachen - aber wie leicht belügt man sich dabei, mogelt, beschönigt, spielt Arges herunter oder bläht Unwichtiges auf? Der Priester ist auch ein Korrektiv. Seine Gegenwart verhindert, dass die Reflexion über die eigenen Fehler zwischen Eingeständnis, Erklärungen, Entschuldigungen und Selbstbezichtigungen irregeht. Ebenso wie der geschützte Raum (sei es Beichtstuhl, sei es Beichtzimmer), die brennende Kerze, die Stola, die vertrauten Gesten, die in ihrer Kombination auch Vertrauen schaffen.


Letztendlich schmeckt nur wirklich frischer heißer Kaffee aus einer sauberen, vorgewärmten Kanne  richtig gut!

Dienstag, 7. Februar 2012

Ökumene im Geist des 2. Vaticanums

Die Forderungen, wie „echte“ Ökumene auszusehen habe, sind mannigfaltig. Dabei will ich mich heute nicht mit den Forderungen und Erwartungen beschäftigen, die von unseren evangelischen Brüdern und Schwestern kommen. Mich interessieren mehr unsere katholischen Mitgläubigen. Oft höre ich von ihnen, dass wir rascher in der Ökumene vorankämen, wenn der „Geist des 2. Vaticanums“ endlich mit Leben gefüllt würde. Grund genug für mich, einmal nachzublättern, von welchem Geist wir da eigentlich sprechen.
Unter dem Titel UNITATIS REDINTEGRATIO  hat das 2. Vatikanische Konzil ein eigenes Dekret zum Thema „Ökumenismus“, wie es dort heißt, verfasst. Und dieses Dekret beginnt verheißungsvoll: „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen Zweiten Vatikanischen Konzils.“
Der Einstieg zeugt also davon, welche große Bedeutung das 2. Vaticanum der Ökumene schenkt. Wer aber nun glaubt, dass anschließend alle Mauern eingerissen und der Gleichmacherei Tür und Tor geöffnet würden, muss rasch erkennen, dass dem nicht so ist.
Im Dekret wird ausführlich dargelegt, welches „Die katholischen Prinzipien des Ökumenismus“ sind.
Das Dekret lässt keinen Zweifel, dass es nach Auffassung der katholischen Kirche Christi Wille sei, dass die Bischöfe die Nachfolger der Apostel und die Päpste die Nachfolger des Petrus sind.  „Jesus Christus will, daß sein Volk durch die gläubige Predigt des Evangeliums und die Verwaltung der Sakramente durch die Apostel und durch ihre Nachfolger, die Bischöfe mit dem Nachfolger Petri als Haupt, sowie durch ihre Leitung in Liebe unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes wachse …“ heißt es in dem Text.
Das Dekret bestreitet nicht, dass es bei den Trennungen der Kirchen Schuld auf allen Seiten gab und es betont die Schmerzhaftigkeit der Trennung. Es erweist den Getrennten auch die Ehre und weist daraufhin, dass sie zu Recht den „Ehrennamen Christen“ tragen können und fordert auf, sie als „Brüder im Herrn“ anzuerkennen.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass damit die abweichenden Lehren als gleichberechtigt anerkannt würden. Zwar wird das ehrenhafte Streben nach der christlichen Wahrheit anerkannt, aber dennoch wird unmissverständlich ausgedrückt, dass allein die katholische Kirche im Besitz der „Güter des Neuen Bundes“ sei. So heißt es: „Denn einzig dem Apostelkollegium, an dessen Spitze Petrus steht, hat der Herr, so glauben wir, alle Güter des Neuen Bundes anvertraut, um den einen Leib Christi auf Erden zu konstituieren, welchem alle völlig eingegliedert werden müssen, die schon auf irgendeine Weise zum Volke Gottes gehören“.
Das bedeutet nicht nur, dass das 2. Vaticanum die Überzeugung zum Ausdruck gebracht hat, dass allein der katholischen Kirche „alle Güter des Neuen Bundes anvertraut“ worden sind, sondern dass das Ziel der Ökumene aus katholischer Sicht sein muss, alle Abgespalteten wieder in die katholische Kirche einzugliedern. Dies stellt eine Forderung dar, für die jeder heute als erzkonservativ bezeichnet würde, insbesondere von denen, die immer wieder den „Geist des 2. Vaticanums“ einfordern. Aber das 2. Vaticanum war eine Versammlung ernsthafter um das Wohl der Kirche besorgter Theologen, die sehr intensiv darüber nachgedacht haben, was sie als Willen Christi ansehen. 
Im Weiteren wird u.a. ausgeführt, dass die Ostkirchen nur geringe Abweichungen aufwiesen, zumal sie ebenfalls „wahre Sakramente besitzen“. Es wird sogar darauf verwiesen, dass die römisch-katholische Kirche manches aus den Ostkirchen als Bereicherung ansehen könnte.
Die Ökumene mit den protestantischen Abspaltungen aber wird wesentlich kritischer betrachtet. So heißt es: „Dabei muß jedoch anerkannt werden, daß es zwischen diesen Kirchen und Gemeinschaften und der katholischen Kirche Unterschiede von großem Gewicht gibt, nicht nur in historischer, soziologischer, psychologischer und kultureller Beziehung, sondern vor allem in der Interpretation der offenbarten Wahrheit.“
Selbstverständlich wird auch den Protestanten der Wille zu einem Leben in christlicher Tugend zugesprochen, aber der Mangel an Sakramenten und insbesondere die Ablehnung der Nachfolge der Apostel und Petri werden als große Diskrepanz gesehen.
Dennoch mahnt das Dekret zu fortwährenden Bemühungen um die Ökumene, es gibt aber auch klare Richtlinien vor: „Das Heilige Konzil mahnt die Gläubigen, jede Leichtfertigkeit wie auch jeden unklugen Eifer zu meiden, die dem wahren Fortschritt der Einheit nur schaden können, Ihre ökumenische Betätigung muß ganz und echt katholisch sein, das heißt in Treue zur Wahrheit, die wir von den Aposteln und den Vätern empfangen haben, und in Übereinstimmung mit dem Glauben, den die katholische Kirche immer bekannt hat.“
Diese Ausführungen lassen für den Reform(un)geist unserer Tage keinen Raum und geradezu absurd wird es, wenn sich die Reformer auf den „Geist des 2. Vaticanums“ berufen, denn dieser Geist ist kompromisslos katholisch.

Freitag, 13. Januar 2012

Nicht zeitgemäß

„Nicht zeitgemäß.“ Diese Aussage trifft die katholische Kirche stets als Vorwurf, als Kritik für angebliche Reformunfähigkeit, als Warnung davor, die Zeichen der Zeit nicht zu erkennen, gesellschaftliche Entwicklungen zu ignorieren und die Anpassung an moderne Strömungen zu verpassen. Und dieser Vorwurf kommt bei weitem nicht nur von außen, sondern - besonders in Deutschland - häufig aus Kreisen der Kirchenmitglieder selbst.

„Nicht zeitgemäß.“ Sollte man - ehe man diesen Vorwurf formuliert – nicht doch einmal nachdenken, was eigentlich Aufgabe der Kirche ist? Was ist ihr innerstes Anliegen, ihr zentrales Thema?

„Nicht zeitgemäß.“ Die Botschaft der Kirche ist von ihrem eigenen Verständnis her nicht irgendeine These, sondern die Wahrheit selbst. Ja, Wahrheit ist ebenfalls ein nicht zeitgemäßer Begriff, denn Wahrheit ist nicht relativ, sondern absolut. Aufgabe der Kirche ist es, diese Wahrheit zu transportieren – über Ländergrenzen hinweg und durch die Jahrhunderte. Es gibt aber in Asien keine andere Wahrheit als in Europa, in Amerika keine andere Wahrheit als in Afrika. Und es gibt im 21. Jahrhundert keine andere Wahrheit als im 18. Jahrhundert, im 12. oder im 8. Jahrhundert und schon gar nicht gibt es eine spezielle Wahrheit im Deutschland des 21. Jahrhunderts. Kulturen mögen sich unterscheiden und entwickeln, Lebensumstände auch, aber göttliche Wahrheit bleibt Wahrheit.

„Nicht zeitgemäß.“ Ja, richtig, Kirche kann und darf gar nicht zeitgemäß sein, weil jede Form der Anpassung der Botschaft an das Zeitgemäße eine Verzerrung, eine Verfälschung und eine Verwässerung der Wahrheit wäre. Nicht umsonst hat Jesus die Kirche auf Petrus, den Felsen, gebaut, weil die Kirche Fels in der Brandung der Wandlungen des Zeitgemäßen sein muss.

„Nicht zeitgemäß.“ Ja, denn richtig verstanden ist diese Äußerung –selbst wenn als Vorwurf vorgebracht – ein großes Lob!

Und bedenken wir eins: Das Ziel der Botschaft ist die Ewigkeit. Und was auf Zeitlosigkeit abzielt, kann niemals zeitgemäß sein.