Dienstag, 7. Februar 2012

Ökumene im Geist des 2. Vaticanums

Die Forderungen, wie „echte“ Ökumene auszusehen habe, sind mannigfaltig. Dabei will ich mich heute nicht mit den Forderungen und Erwartungen beschäftigen, die von unseren evangelischen Brüdern und Schwestern kommen. Mich interessieren mehr unsere katholischen Mitgläubigen. Oft höre ich von ihnen, dass wir rascher in der Ökumene vorankämen, wenn der „Geist des 2. Vaticanums“ endlich mit Leben gefüllt würde. Grund genug für mich, einmal nachzublättern, von welchem Geist wir da eigentlich sprechen.
Unter dem Titel UNITATIS REDINTEGRATIO  hat das 2. Vatikanische Konzil ein eigenes Dekret zum Thema „Ökumenismus“, wie es dort heißt, verfasst. Und dieses Dekret beginnt verheißungsvoll: „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen Zweiten Vatikanischen Konzils.“
Der Einstieg zeugt also davon, welche große Bedeutung das 2. Vaticanum der Ökumene schenkt. Wer aber nun glaubt, dass anschließend alle Mauern eingerissen und der Gleichmacherei Tür und Tor geöffnet würden, muss rasch erkennen, dass dem nicht so ist.
Im Dekret wird ausführlich dargelegt, welches „Die katholischen Prinzipien des Ökumenismus“ sind.
Das Dekret lässt keinen Zweifel, dass es nach Auffassung der katholischen Kirche Christi Wille sei, dass die Bischöfe die Nachfolger der Apostel und die Päpste die Nachfolger des Petrus sind.  „Jesus Christus will, daß sein Volk durch die gläubige Predigt des Evangeliums und die Verwaltung der Sakramente durch die Apostel und durch ihre Nachfolger, die Bischöfe mit dem Nachfolger Petri als Haupt, sowie durch ihre Leitung in Liebe unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes wachse …“ heißt es in dem Text.
Das Dekret bestreitet nicht, dass es bei den Trennungen der Kirchen Schuld auf allen Seiten gab und es betont die Schmerzhaftigkeit der Trennung. Es erweist den Getrennten auch die Ehre und weist daraufhin, dass sie zu Recht den „Ehrennamen Christen“ tragen können und fordert auf, sie als „Brüder im Herrn“ anzuerkennen.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass damit die abweichenden Lehren als gleichberechtigt anerkannt würden. Zwar wird das ehrenhafte Streben nach der christlichen Wahrheit anerkannt, aber dennoch wird unmissverständlich ausgedrückt, dass allein die katholische Kirche im Besitz der „Güter des Neuen Bundes“ sei. So heißt es: „Denn einzig dem Apostelkollegium, an dessen Spitze Petrus steht, hat der Herr, so glauben wir, alle Güter des Neuen Bundes anvertraut, um den einen Leib Christi auf Erden zu konstituieren, welchem alle völlig eingegliedert werden müssen, die schon auf irgendeine Weise zum Volke Gottes gehören“.
Das bedeutet nicht nur, dass das 2. Vaticanum die Überzeugung zum Ausdruck gebracht hat, dass allein der katholischen Kirche „alle Güter des Neuen Bundes anvertraut“ worden sind, sondern dass das Ziel der Ökumene aus katholischer Sicht sein muss, alle Abgespalteten wieder in die katholische Kirche einzugliedern. Dies stellt eine Forderung dar, für die jeder heute als erzkonservativ bezeichnet würde, insbesondere von denen, die immer wieder den „Geist des 2. Vaticanums“ einfordern. Aber das 2. Vaticanum war eine Versammlung ernsthafter um das Wohl der Kirche besorgter Theologen, die sehr intensiv darüber nachgedacht haben, was sie als Willen Christi ansehen. 
Im Weiteren wird u.a. ausgeführt, dass die Ostkirchen nur geringe Abweichungen aufwiesen, zumal sie ebenfalls „wahre Sakramente besitzen“. Es wird sogar darauf verwiesen, dass die römisch-katholische Kirche manches aus den Ostkirchen als Bereicherung ansehen könnte.
Die Ökumene mit den protestantischen Abspaltungen aber wird wesentlich kritischer betrachtet. So heißt es: „Dabei muß jedoch anerkannt werden, daß es zwischen diesen Kirchen und Gemeinschaften und der katholischen Kirche Unterschiede von großem Gewicht gibt, nicht nur in historischer, soziologischer, psychologischer und kultureller Beziehung, sondern vor allem in der Interpretation der offenbarten Wahrheit.“
Selbstverständlich wird auch den Protestanten der Wille zu einem Leben in christlicher Tugend zugesprochen, aber der Mangel an Sakramenten und insbesondere die Ablehnung der Nachfolge der Apostel und Petri werden als große Diskrepanz gesehen.
Dennoch mahnt das Dekret zu fortwährenden Bemühungen um die Ökumene, es gibt aber auch klare Richtlinien vor: „Das Heilige Konzil mahnt die Gläubigen, jede Leichtfertigkeit wie auch jeden unklugen Eifer zu meiden, die dem wahren Fortschritt der Einheit nur schaden können, Ihre ökumenische Betätigung muß ganz und echt katholisch sein, das heißt in Treue zur Wahrheit, die wir von den Aposteln und den Vätern empfangen haben, und in Übereinstimmung mit dem Glauben, den die katholische Kirche immer bekannt hat.“
Diese Ausführungen lassen für den Reform(un)geist unserer Tage keinen Raum und geradezu absurd wird es, wenn sich die Reformer auf den „Geist des 2. Vaticanums“ berufen, denn dieser Geist ist kompromisslos katholisch.

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