Mittwoch, 26. Januar 2011

Reliunterricht: Passiv - ja! Aktiv - nein, danke!

Nehmen wir eine Grund-, Haupt und Realschule in einer kleinen deutschen Universitätsstadt. Dort unterrichtet die Gemeindereferentin der zuständigen katholischen Pfarrei, eine theologisch und pädagogisch geschulte Fachkraft, katholischen Religionsunterricht. Jede Unterrichtsstunde beginnt mit einem Gebet, wie es die zuständige Diözese auch vorsieht, denn die im Unterricht erarbeiteten Erkenntnisse umfassen schließlich auch die praktische Ausübung der Religion.
Nun begab es sich aber, dass die Eltern dreier Kinder, die an diesem Unterricht teilnehmen, bei der Schulleitung Beschwerde einreichten wegen des Betens. Ihre Kinder sollten im Religionsunterricht über Religion lernen, aber eine praktische Ausübung von Religion sei nicht erwünscht. Die betreffenden Kinder können die betreffenden Unterrichtsstunden laut Schulleitung allerdings auch nicht woanders verbringen, weil kein geeignetes Aufsichtspersonal zur Verfügung stehe. Die Schulleitung untersagt daraufhin der Religionslehrerin, mit den Kindern zu beten.
Es ging eine Weile hin und her zwischen Schulleitung und Pfarramt, sogar das Bistum meldete sich zu Wort, aber der Schulleiter blieb hart: Die Unterrichtende sei an seine Weisungen gebunden, und dem Wunsch der Eltern nach einer weltanschaulich neutralen Vermittlung katholischer Inhalte sei zu entsprechen. Die Lehrerin gab entnervt auf und beendete bald darauf ihre Tätigkeit an dieser Schule.
Da ich abgesehen von den Mitarbeitern der Diözese und den drei betreffenden Familien die Beteiligten persönlich kenne, gehe ich davon aus, dass die Weisung des Schulleiters der Tropfen war, der das Fass überlaufen ließ. Das Argument, es fehle an Aufsichtspersonal, klingt ohnehin reichlich vorgeschoben.
Was Eltern bewegt, ihr Kind in den katholischen Religionsunterricht zu schicken, obwohl sie sich eine religiöse Unterweisung verbitten, bleibt mir ein Rätsel. Im Musikunterricht wird ja auch nicht nur die Notenschrift und ein bisschen Musiktheorie gelehrt, sondern auch gesungen. Im Englischunterricht wird die fremde Sprache durch Vokabeln und Grammatik keineswegs stumm vermittelt, sondern man spricht Englisch. Die Eltern haben das Recht, ihre Kinder vom Religionsunterricht abzumelden, wenn sie eine Ausübung der erlernten Inhalte nicht billigen.
Und was ein "weltanschaulich neutraler" Unterricht sein soll - speziell in den weltanschaulichen Fächern Katholische/Evangelische Religionslehre, Ethik oder Philosophie -, das bleibt vollkommen dunkel.

Als unser Kind in die Schule kam, haben wir - obwohl wir der Kirche fernstanden und sie nicht getauft war - sie zum katholischen Religionsunterricht gemeldet. Und eigentlich rechneten wir damit, dass in diesen Unterrichtsstunden auch das Gebet als religiöse Praxis geübt wird.

In diesem Falle hebelten eine Minderheit von drei Eltern und ein Schulleiter mehrere Gesetze aus, obwohl es sicherlich andere Lösungen hätte geben können. Leider passen solche Aktivitäten ins Bild, dass die Toleranz predigenden und fordernden Nichtreligiösen im Umgang mit Andersdenkenden bieten.

2 Kommentare:

  1. Es ist ja auch ohne zusätzliche Steine des Anstoßes von außen schon schwierig genug, im katholischen Religionsunterricht Inhalte des Glaubens zu vermitteln. Nicht umsonst werden die Rahmenlehrpläne als ein abstruses Sammelsurium von Themen betrachtet, bei denen die Wissensvermittlung über andere Religionen und das Behandeln allgemeiner sozialpolitischer Themen höher gewichtet wird, als eine alterangepaßte aufeinander aufbauende Vermittlung der Inhalte des eigenen Glaubens.

    Ich selbst kann von Glück sagen, daß ich in der wohl allgemein schwierigsten Phase nämlich der Mittelstufe einen sehr guten Religionslehrer hatte, der es nicht nur schaffte, die katholische Lehre zu einem Thema zu erwähnen, sondern auch noch zu begründen.

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